Über Schicksalsschläge, die das Leben verändern, sie zu bewältigen, daran zu wachsen, nach vorne zu schauen und einen Neuanfang zu wagen.
Ein Interview mit Autorin und Life-Coach Angelika Zengler:
OS: Liebe Angelika, du bist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Life-Coach, Keynote-Speakerin, Autorin und betreibst auf deiner Homepage (www.angelika-zengler.de) einen Blog.

In deinem sehr persönlichen Buch
"Ich tanze! ...immer noch" geht es um Schicksalsschläge, die das Leben verändern – sie zu bewältigen, daran zu wachsen,
nach vorne zu schauen und einen Neuanfang zu wagen.
An diesem Punkt sehe ich eine sehr enge Verknüpfung mit meinem Ansatz in der Selbstverteidigung. Viele Teilnehmer*innen kommen im Training auf mich zu und berichten von einschneidenden Erlebnissen, in denen sie sich selbst in einer Opferrolle erlebt haben. Ohne eigenes Verschulden – sie waren „nur“ zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Diese Ereignisse waren nicht vorhersehbar, kamen ohne Vorwarnung, haben das eigene Leben von einem auf den anderen Augenblick komplett verändert. Die negativen Auswirkungen sind oft auch noch heute zu spüren.
Die Teilnehmer*innen suchen teilweise verzweifelt nach Auswegen aus der vermeintlichen "Opferrolle", befinden sich mental in einer Sackgasse. Sie suchen den Fehler bei sich selber, geben sich eine Mitschuld, suchen nach Antworten, igeln sich ein und schotten sich oftmals von der Umwelt ab. Ihr eigener Aktionsradius schrumpft dabei auf die Größe eines "Schneckenhauses" zusammen.
Das Bedürfnis nach Sicherheit ist so hoch, dass alles, was nicht kontrolliert werden kann, rigoros abgeblockt wird. Von der bunten Vielfalt des Lebens bleibt dann nur noch wenig übrig.
In deinem Buch beschreibst du, wie ein Unfall im Oktober 2012 dein Leben von einen auf den anderen Augenblick radikal verändert hat. Was ist dir damals passiert?
AZ: Ein enger Freund und ich waren mit dem Fahrrad unterwegs. An einer Bundesstraße gab es einen kurzen Stopp zur Orientierung. Während er die Karten wälzte, sah ich auf der gegenüberliegenden Seite einen Obsthof. Kurzentschlossen packte ich mein Fahrrad, schob es über die Straße und wurde von einem Motorradfahrer erfasst.
Getroffen hat es die Beine, rechts ein offener Bruch, links musste der Unterschenkel amputiert werden.
OS: Ein schreckliches Ereignis – du sahst darin einen Impuls, deinem Leben eine neue Richtung zu geben. Hast du nicht mit deinem Schicksal gehadert? Wie bist du zu dieser Einsicht gekommen? Wie lange hat es nach dem ersten Schock bis zu dieser Einsicht gedauert?
AZ: Ich hatte Glück im Unglück, denn „nur“ die Beine waren betroffen. Kein kleiner Schaden - dies merkte ich sehr schnell durch die vielen OPs, jedoch mit der Chance, einigermaßen körperlich wiederhergestellt zu werden – repariert wie ein Auto nach einem Crash.
Das versicherten mir jedenfalls die Ärzte und ich glaubte fest daran, es gab mir Halt. Das Ziel war klar: Um ein normales Leben führen zu können, musste ich körperlich auf die "Beine" kommen und zwar möglichst schnell. Die wenige Energie, die ich noch hatte, setzte ich dafür ein, alles andere blendete ich aus. Ich war in diesem Punkt wie auf Autopilot. Für Schuldzuweisungen, Hadern oder Überlegungen im Hinblick auf mögliche Einschränkungen in der Zukunft blieb einfach kein Raum.
Der Unfall hätte auch anders ausgehen können – für mich ein deutlicher Weckruf, meine Lebenszeit endlich als etwas Kostbares anzusehen, mir genauer zu überlegen, wofür ich diese Zeit einsetze, mich selbst mit meinen Bedürfnissen ernst zu nehmen. Dies sollte für mich zukünftig eine Messlatte sein.
In einem mehrjährigen Persönlichkeitstraining, das ich vor meinem Unfall beendet hatte, kam immer wieder das Bild vom Wartesaal des Lebens – ich wollte nicht mehr dort sitzen, nichts mehr aufschieben, mein Leben mit etwas Sinnvollem füllen. Ich nahm mir vor alles auszuprobieren, was ich in meinem alten Leben vermieden oder mich nicht getraut hatte. Es war die klassische „so nicht mehr“ Entscheidung. Ich kann mir gut vorstellen, dass jeder deiner Teilnehmer*innen nach ihren einschneidenden Erfahrungen das Streben hat, nie wieder im Leben einer solchen Situation ausgesetzt zu sein.
OS: Bei einem schweren Verlust möchten viele das Rad zurückdrehen. Rückblickend sprichst du dagegen von einem "Glücksfall", warum?
AZ: Wenn ich bei einer Fee einen Wunsch frei hätte, würde ich mir meine Beine in der alten Form zurückwünschen. Gleichzeitig möchte ich jedoch auf die vielen Erfahrungen und Erlebnisse nach dem Unfall nicht verzichten. Das Leben beschert uns immer ein Gesamtpaket, eine süße und eine salzige Seite.
Die süße Seite war der Start eines neuen Lebensabschnittes mit anderen Rahmenbedingungen, neuem Job, Wohnort, Wohnung, sozialen Kontakten. Immer wieder die Fragen: Wie kann ich mich optimal selbst versorgen? Was gibt meinem Leben einen Sinn? Was geht noch (vielleicht) und was geht nicht mehr?
In meinem alten Leben hätte ich nie den Mut gehabt, dies so für mich in Angriff zu nehmen. Ich hatte noch nicht einmal davon geträumt, es war außerhalb meiner Vorstellungskraft. Anderes ist durch den Unfall dazugekommen - zum Beispiel eine erhöhte Vorsicht beim Überqueren von Straßen…
OS: In deinem Buch sprichst du von einer "Krise". Das chinesische Wort für Krise (Weiji) setzt sich aus den Schriftzeichen für "Gefahr" und "Chance" zusammen. Welche Chancen haben sich rückblickend für dich aus diesem Unfall ergeben?
AZ: Ein klares Commitment zum Leben. „Ja, ich will leben!“ Bewusster mit dem Geschenk „Leben“ umzugehen, mir selbst zu erlauben, meinen Weg zu gehen. Viele Ängste oder Befindlichkeiten (Das macht man doch nicht. Das ist ja peinlich...) habe ich hinter mir gelassen, ich konnte sie mir in vielen Situationen einfach nicht mehr leisten. Ich habe meine Kraft, meine Stärken und Schwächen kennengelernt … und ich lerne nie aus.
OS: Du beschreibst, dass du dich wie ein Bergsteiger auf einer neuen Route gefühlt hast. Das Gefühl, alles war neu, du kanntest niemanden, der diesen Weg schon gegangen war. Nimm uns ein Stück mit auf diesen Weg, welches waren die schwierigen Etappen des Weges, wo musstest du dich nach Deiner Intuition richten?
AZ: Ich hatte bis zu meinem Unfall weder einen Kontakt mit Amputierten noch eine Vorstellung von einem Leben mit Einschränkung. Etappen, in denen ich zur körperlichen Gesundung beitragen konnte, waren die einfachsten. Die psychischen Nachwirkungen kamen erst später – „meine Seele war nicht so schnell“. Selbstwert und Selbstbild hatten Kratzer abbekommen, sie mussten neu überdacht werden. Meinen eigenen Anforderungen entsprach ich plötzlich nicht mehr – ich hatte nicht mehr alles unter Kontrolle, war manchmal hilflos, verunsichert, mit meinem Latein am Ende.
Sich dieses einzugestehen, machte auch Angst, schnell kamen die Gedankenspiralen. Aus diesem Dilemma gibt es einen Weg: Mehr ins Vertrauen zu gehen - Vertrauen in mich, Vertrauen in die Zukunft und die Gewissheit, dass es nicht nur einen Plan A, sondern viele Möglichkeit gibt, Situationen zu bewältigen. Bei allem gibt es ein Risiko und ich kann für mich abwägen, ob ich dieses Risiko in diesem Moment tragen kann und will.
OS: Deine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie, die du nach der Genesung absolviert hast, hat dich viele Phasen, die du nach dem Unfall durchlaufen hast und viele deiner intuitiven Strategien rückblickend besser verstehen lassen. Die später gelernte Theorie bestätigte dir also die tatsächliche Praxis.
Hätte es dir geholfen, dieses Wissen früher gehabt zu haben, wie hätte es sich hinsichtlich möglicher Zweifel, Anspannungen und Ratlosigkeit auf dem Weg ins "Leben danach" ausgewirkt?
AZ: Es hätte mir in vielen Situation die Unsicherheit nehmen können, meine Fassungslosigkeit darauf, wie mein Körper reagiert. Ich hätte es anders einordnen können, im Sinne von: „Es ist eine normale Reaktion“ und „Es darf so sein“ oder „Achtung – jetzt musst Du Dir helfen lassen“.
OS: Du beschreibst, dass dein Körper an einem bestimmten Punkt die Notbremse gezogen hat und in den Ruhemodus geschaltet hat. Wie hat sich das bemerkbar gemacht?
AZ: Es war eine Leere im Gehirn, eine Verweigerung, Informationen aufzunehmen. So konnte ich nach dem Unfall lange Zeit kein Buch lesen, Musik oder Hörbücher hören, geschweige denn fernsehen.
Zur Aufnahme und Verwertungen von Informationen von außen benötigt das Gehirn viel Energie. Diese Energie wurde jetzt für andere Zwecke gebraucht, zum Beispiel zur Heilung, zu einer Umordnung im Gehirn, denn vom linken Fuß konnten ja keine Signale mehr an das Gehirn gesendet werden. Handwerkliche Tätigkeiten wie zum Beispiel Stricken konnte ich dagegen stundenlang.
OS: Es gab auf deinem Weg zurück in ein "normales" Leben Situationen und Aufgaben, in denen du vor Angst gelähmt warst oder nicht wusstest, wie es weitergehen soll. Wie bist du damit umgegangen?
AZ: Lähmende Angst, Herzrasen hatte ich im ersten Jahr bei Rettungshubschrauber, Blaulicht, sogar bei einem Lieferwagen mit der Aufschrift "Tatortreiniger" – ein Indiz, dass das Trauma noch nicht vollständig aufgelöst war. Hier habe ich therapeutische Hilfe in Anspruch genommen (EMDR). Zwei Situationen, in denen ich nicht wusste, wie es weitergehen sollte, fallen mir spontan ein.
Sie zeigen auch, wie viele Steine wir uns selbst in den Weg legen. Die erste Aufgabe musste noch im Krankenhaus erledigt werden: Die Suche nach einer Unterkunft, Versorgung und Pflege für die Zeit nach der Entlassung. Ich war an den Rollstuhl gefesselt, kam nicht in meine Wohnung und wollte an einer ambulanten Früh-Reha teilnehmen. Ich entschied mich für zwei Monate Kurzzeitpflege im Altersheim – vom Verstand her die beste Lösung, emotional eine Herausforderung. Für die Teilnahme an dem Früh-Reha-Programm konnte ich mich überwinden.
Nach den zwei Monaten brauchte ich erneut einen Unterschlupf – ein Freund bot mir an, bei ihm zu wohnen. Glaubenssätze in der Form „Ich darf niemanden zur Last fallen“ und „Das kann ich doch nicht annehmen“, Gedankenspiralen „Wie kann ich das nur zurückgeben?“ machten mir die Zusage schwer. Hier musste ich auch über meinen Schatten springen, bereute es aber nicht.
In verfahrenen Situationen unerwartete Hilfe zu bekommen oder für Lösungen offen zu sein, an die man vorher nicht gedacht hat – das hat vielleicht jeder in seinem Umfeld/ Bekanntenkreis erlebt. Oft wird dies erst möglich, wenn man sich darauf fokussiert, was am Wichtigsten ist.
OS: Was rätst du Menschen, die gedanklich vor großen Problemen stehen oder die sich durch Probleme erdrückt und im Leben eingeschränkt fühlen?

AZ: Oft machen wir durch unsere Gedanken und Ängste das Problem immer größer und erdrückender. Daher ist mein Rat, sich frühzeitig Hilfe zu holen (Freunde, Bekannte, neutrale Personen oder professionelle Hilfe), die Gedanken auszusprechen, auf Papier zu schreiben (dann sind sie erst einmal aus dem Kopf).
Manche Fragen können dazu beitragen, den Überblick zu bekommen wie zum Beispiel „Ist es überhaupt mein Problem?“, „Kann das Problem verkleinert oder zerlegt werden?“, „Gibt es ein Grundproblem, einen Kern?“, „Wenn andere Menschen von der Lösung des Problems betroffen sind, wurde schon mit ihnen gesprochen?“
Wenn man noch die nötige Distanz zum Problem aufzubringen kann, gibt es weitere Ansätze wie:
a) Rollenwechsel vornehmen: Ein Freund hat dieses Problem, was würde man ihm raten?
b) Es gibt keine Begrenzung, nichts Verbotenes – was für verrückte Lösungen für das Problems sind möglich?
OS: Wir alle werden bewusst oder unbewusst durch Glaubenssätze geprägt. Welche
Kraft oder welchen Einfluss haben die eigenen Gedanken auf uns? Dazu fällt mir ein schöner Satz aus deinem Buch ein: "Nicht das Problem macht die Schwierigkeiten, sondern die Sichtweise."

AZ: Glaubenssätze steuern uns mehr, als wir vermuten, und werden meist in der Kindheit angelegt. Wenn man als Kind oft genug hört: „Das kannst du nicht“, „Das ist nichts für dich“, „Das verstehst du nicht“, „Das gehört sich nicht“, „Dein Bruder / deine Schwester kann das besser“ und kein Lob, Anerkennung oder Wertschätzung von anderer Seite bekommt, formt dies das Selbstbild und hat noch im Erwachsenenalter Auswirkungen auf das Verhalten. Wenige Kinder gehen in den Widerstand, oft ist eine extreme Verunsicherung da – sie trauen sich nichts zu, in einen Wettbewerb mit anderen zu gehen ist für sie unmöglich.
OS: Du hast das erste Mal im Rahmen eines mehrjährigen Persönlichkeitstrainings einen Fallschirmsprung aus 4000m Höhe gewagt. Für mich wäre das nichts – ich hätte eine andere Herausforderung gewählt. Du bist nach dem Unfall aber noch weitere Male gesprungen und ich glaube, Du hast auch erst kurz vor dem Sprung verraten, dass Du eine Prothese trägst. Warum springt man freiwillig aus einem Flugzeug, das nicht abstürzt?
AZ: Es handelt sich „nur“ um Tandemsprünge, ich musste nicht selbst an der Reißleine ziehen – ich glaube, das hätte ich auch nicht gekonnt. Beim Persönlichkeitstraining hatte ich beim Ausstieg aus dem Flugzeug den Satz im Kopf: „Ich springe in mein Leben“ – strahlend blauer Himmel mit Schäfchenwolken ohne Begrenzung. Ein unglaubliches Erlebnis! Nach meinem Unfall wollte ich ausprobieren, was noch möglich war – es klappte, machte Spaß und der Satz passte immer noch: „Ich springe in mein neues Leben“.
OS: Wie hast du es nach dem Unfall geschafft, dich mental wieder aufzubauen, dich in gute Laune zu versetzen - jeden Tag Fallschirmspringen kann nicht die Lösung sein?
AZ: So wie ich es bei dir herausgehört habe, wäre das sicherlich nicht dein Rezept. Diese Sprünge waren für mich etwas Besonderes, ich kann die Gefühle von damals abrufen, wenn zum Beispiel ein kleines Stück blauer Himmel sichtbar ist. Diese Technik bezeichnet man auch als "Ankern".
Für viele sind es Fotos, Musik, Kinderlachen, die Erinnerung an einen Wettbewerb, ein Kleidungsstück usw., die in der Erinnerung mit guten Gefühlen gekoppelt sind. Zusätzlich gilt es mit offenem Herzen durch den Tag zu gehen – wach zu sein für die schönen Dinge, Momente zu sammeln, die einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubern... zu genießen, dankbar zu sein für eine nette Begegnung, ein Lächeln, das gute Essen, die gelöste Aufgabe, den Klönschnak mit den Kollegen, einem neuen Kunden usw.
OS: Du hast im Laufe der Zeit gelernt, dass bestimmte Verhaltensweisen dich weiterbringen und teilweise sehr positive Veränderungen in dir bewirken. Welche Verhaltensweisen waren es und was haben sie bei dir bewirkt?
AZ: Die Verantwortung für mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, dazu gehört: Für sich zu sorgen, sich selbst anzunehmen mit allen Schwächen und zu lieben, Werte zu leben, die eigenen Bedürfnisse kennenzulernen. Mit diesem „Einstiegspaket“ höre ich auf, andere für mein Wohlergehen verantwortlich zu machen.
Ich kann damit für mich Entscheidungen treffen und mir erlauben, sie nach Bedarf auch zu verändern. Öfter mal Bestandsaufnahme machen und loslassen. Es bezieht sich auf alles: Dinge / Beziehungen / Ziele / Glaubenssätze. Ich bin erst vor kurzem von Hamburg in die Nähe von Oldenburg gezogen. Die Wohnung ist kleiner, das Umfeld anders. Das Nach-Vorne-Schauen bedeutet für mich, Vergangenes zu würdigen und neugierig auf einen neuen Lebensabschnitt zu sein.
Im Rollstuhl war ich Situationen ausgesetzt, die ich mir vorher nicht habe vorstellen können. In früheren Zeiten hätte ich gezögert, mich diesen Situationen zu stellen, aus Unsicherheit, mich zu blamieren oder Fehler zu machen. Heute versuche ich das Ganze spielerisch anzugehen: „Spannend, habe ich noch nicht gemacht - mal sehen, was sich daraus ergibt“. Damit kann ich auch mit Fehlern anders umgehen – sie sind dann Erfahrungen.
Perspektivwechsel bringt gute Laune in den Alltag: Dinge / Situationen mal von einer anderen Seite zu sehen: 2020 musste ich längere Zeit wieder den Rollstuhl benutzen – das Staubsaugen im Rollstuhl wurde zu einer neuen Disziplin gekürt.
OS: Viele Teilnehmer*innen meines Einzelcoachings berichten immer wieder von dem Phänomen der Selbstsabotage. Wie war das bei dir und wie bist du damit umgegangen?
AZ: Diese innere Stimme kenne ich gut. Es ist der Versuch, die Einübung neuer Verhaltensweisen zu unterlaufen (die guten Vorsätze wie Abnehmen, körperliche Betätigung, sich selbst treu zu sein, "Nein" zu sagen, Grenzen zu setzen usw.).
Manchmal ist es der Anteil in uns, der uns schützen, vielleicht auch Konfrontationen vermeiden will. Hier hilft es, in einem inneren Dialog die gute Absicht zu würdigen, sich nicht dafür zu verurteilen, dass man es wieder nicht geschafft hat.
OS: Wir haben uns Anfang 2020 kennengelernt. Du hast mich damals angerufen, um an meinem Selbstverteidigungskurs teilzunehmen. Während des Telefonates habe ich dich als eine Frau kennengelernt, die selbstsicher im Leben steht und mich eigentlich nur informieren wollte, dass sie eine Prothese trägt, aber auf alle Fälle an meinem Kurs teilnehmen wird. Wie war das für dich, hattest du damals Bedenken?
AZ: Nein, ich wollte auf meine körperlichen Schwachpunkte hinweisen – ich wusste ja nicht, welche Übungen du für uns vorgesehen hattest.
OS: Wie passte der Selbstverteidigungskurs in dein neues Lebenskonzept, was hast du daraus mitgenommen und welche Ratschläge würdest du Anderen geben?
AZ: Ich hatte als junge Frau einen Selbstverteidigungskurs mitgemacht. Wir hatten vorher Techniken eingeübt, der Ablauf war klar. Doch als der Trainer dann in Schutzkleidung bei einer Übung langsam auf mich zuging, verfiel ich in eine Schockstarre.
Bei deinem Workshop ist es nicht passiert – ein Zeichen, dass ich einige alte Ängste inzwischen losgelassen habe. Gefahren zu erkennen, Risiken abzuschätzen ist auf Grund meiner jetzigen körperlichen Verfassung und zunehmenden Alters immer wichtiger.
Meine Wunschliste: Auch im Rollstuhl eine kraftvolle Ausstrahlung zu haben, Situationen richtig einschätzen zu können und die mentale Stärke, im richtigen Moment das Richtige zu tun.
Natürlich geht dies nicht nach einem Workshop, sondern nur durch kontinuierliches Training. Für mich ist dieses ein Teil der Selbstfürsorge und genauso wichtig wie das tägliche Zähneputzen. Insofern bedauere ich es, nicht mehr in Hamburg zu wohnen und bei dir weiter ohne großen Aufwand trainieren zu können.
OS: Viele teilweise sehr negative Ereignisse

wie Naturkatastrophen, Unfälle, kriminelle Handlungen und Übergriffe geschehen rund um den Globus oder direkt vor unserer Haustür. Bei diesen Grenzerfahrungen zeigen Menschen ungeahntes Durchhaltevermögen. Es werden teilweise unglaubliche Kräfte mobilisiert. Sich aus der Opferrolle befreien, geht das überhaupt? Hast Du da Tipps?
AZ: Diese Kräfte, die du erwähnst, kann jeder mobilisieren – also auch zur Befreiung aus der Opferrolle.
Es braucht dazu ein starkes WARUM und die Bereitschaft, einen EINSATZ zu bringen.
· Wie stark ist der Wunsch, die Situation zu verändern?
· Was ist mein WARUM?
· Was setze ich dafür ein?
· Wozu bin ich bereit?
Bin ich bereit ...
… meinen Anteil in einem Konflikt zu erkennen (weg von der Opferrolle)?
… für mich einzutreten, zu sorgen, die Verantwortung für mich und mein Tun zu übernehmen?
… meine eigene Denkweise zu verändern?
Neue Situationen sind neue Übungsfelder und Fehler ein notweniger Schritt zur persönlichen Verbesserung.
OS: Liebe Angelika, ich möchte dir herzlich für die Schilderung deiner persönlichen Erlebnisse und Sichtweisen danken. Ich glaube du hast den Leser*innen dieses Interviews viele wichtige Denkanstöße gegeben.
Du möchtest mehr über Angelika Zengler erfahren, dann besuch gerne ihre Homepage.
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Hamburg
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